Das Prinzip Ausbeutung – Wirtschaft und Arbeitsmarkt im digitalen Zeitalter

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„Industrie 4.0“ – so lautet das geflügelte Wort, mit dem in Deutschland der gravierendste wirtschaftliche Wandel seit der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts bezeichnet wird.

Vereinfacht gesagt handelt es sich dabei um den Einzug des Digitalen in so viele Wirtschaftsbereiche wie möglich, um die absolute Verschmelzung von Produktion und moderner Informationstechnologie, um die umfassende Vernetzung von Menschen, Maschinen, Produkten und Logistik, dies mit dem Ziel, die gesamte Wertschöpfungskette immer weiter zu optimieren.

Das klingt zunächst einmal nicht schlecht; schließlich sind Verbesserungen doch gut und eine stetige Optimierung ist schließlich seit Jahrhunderten das Grundprinzip der westlichen Wirtschaftspolitik und hat den Bürgern ja einen hohen Lebensstandard beschert.

So ist auch die Grundüberlegung, die hinter der Digitalisierung der Arbeitswelt steht, keineswegs neu, und sie lautet: je mehr Dinge automatisch abgewickelt werden können (das heißt ohne den direkten Einsatz menschlicher Arbeit), desto höher wird die Produktivität. Nur dass es dieses Mal – gegenüber der Industrialisierung vor rund 120 Jahren – nicht nur einfache Maschinen sind, die die menschliche Arbeit ersetzen, sondern plötzlich ist da eine mehr oder minder starke künstliche Intelligenz mit im Boot.

Aber, so wird uns heuer von der Politik immer wieder mit Engelszungen erklärt: trotzdem nichts Neues und Problematisches! Einige Arbeitsplätze werden verschwinden; andere, neue werden entstehen; die Produktivität insgesamt steigt. Zum Wohle aller!

… Oder vielleicht doch nicht?

Ray Kurzweil ist der Chefingenieur von Google und Inhaber von sage und schreibe 13 Ehrendoktorwürden. 1990 sagte er richtig voraus, dass ein Computer innerhalb der nächsten 8 Jahre dazu in der Lage sein würde, den amtierenden Schachweltmeister zu schlagen. Dieser Mann ist sich aktuell nun sicher, dass bis zum Jahre 2029 Computer nicht nur alles tun können, zu dem ebenso der Mensch in der Lage ist, sondern dass die Computer die Menschen dann in ALLEN Bereichen übertreffen werden.

Grund genug, sich den Wandel in der Arbeitswelt durch die Digitalisierung einmal genauer anzuschauen.

Als Erstes muss man sich von der Vorstellung verabschieden, dass die Digitalisierung der Arbeitswelt etwas ist, das irgendwann erst noch auf uns zukommt. Denn die Entwicklung ist bereits in vollem Gange: Zum Beispiel wickeln Algorithmen bereits jetzt den größten Teil des Aktienhandels ab. Die Industrie läuft ohnehin weitgehend computergesteuert ab. Und die meisten von uns bestellen mittlerweile lieber online als sich in den Laden vor Ort zu bemühen.

Doch dies alles ist erst der Beginn der Entwicklung, der fast kein Berufsfeld unberührt lassen wird. Einige Beispiele hierfür sind:

  • Die Digitalisierung wird einen Teil der ärztlichen Leistungen ersetzen, indem z. B. über dauerhaft getragene Armbänder – oder zum Teil auch schon über implantierte Körper-Chips – der Gesundheitszustand der Bürger permanent gemessen wird.
  • Immer bessere Software macht Übersetzer und Korrekturleser bald überflüssig.
  • Bankfilialen für den Bürger vor Ort existieren kaum noch, da alle Bankgeschäfte online abgewickelt werden.
  • Selbstfahrende Autos werden Taxi- und LKW-Fahrer ersetzen.
  • Technische Assistenzsysteme übernehmen einen erheblichen Teil der personal­intensiven Altenpflege.
  • Der Einzelhandel stirbt nach und nach aus, da sich intelligente Kühlschränke die benötigten Lebensmittel einfach selbst bestellen.
  • Geliefert werden Lebensmittel und sonstige Waren dann über automatisierte Liefer-Drohnen, so dass in der Logistikbranche keine neuen Arbeitskräfte benötigt werden.

Aufgrund der Tatsache, dass die sich immer weiter entwickelnde künstliche Intelligenz in jeden Lebens- und Arbeitsbereich eindringen kann, droht langfristig ein massenhafter Wegfall von Arbeitsplätzen. Und das nicht etwa nur im Segment der gering qualifizierten Kräfte, sondern auch im Bereich von Facharbeitern. Es trifft somit das ganze Spektrum der arbeitenden Bevölkerung, vom LKW-Fahrer bis zum Börsenmakler.

Und es stellt sich die drängende Frage, wo dafür im Gegenzug überhaupt neue Arbeitsplätze entstehen.

Dieser gewaltige gesellschaftliche Sprengstoff hat die Digitalisierung der Arbeitswelt zum Gegenstand zahlreicher Studien gemacht. Und auch wenn ganz eindeutige Antworten und verlässliche Zukunftsprognosen fehlen, so zeichnet sich alles in allem doch ein recht düsteres Zukunftsbild ab:

Eine Analyse der Deutschen Bank etwa kommt zu dem Schluss, dass die Digitalisierung mehr Jobs vernichten wird, als dass sie neue schafft. Im Rahmen der verbleibenden Berufe gäbe es dann nur wenige, wie z. B. Erfinder, Erzieher und Verkäufer, die weiterhin stabil Arbeit und ein gutes Auskommen versprechen würden. Dem stünde eine große Masse an „Arbeitern“ gegenüber, die in der digitalen Welt nur noch ihre bloße Arbeitskraft anbieten könnten, die sie dann bei minimaler Verhandlungsmacht bloß noch für einfachste, ziemlich schlecht bezahlte Arbeiten verkaufen könnten. Computer und Roboter arbeiten eben noch günstiger.

Auch das Weltwirtschaftsforum in Davos geht davon aus, dass die Digitalisierung mehr als dreimal so viele Jobs vernichtet, wie sie im Gegenzug neue schafft.

Eine Studie der Universität Oxford sieht die Lage sogar noch düsterer und rechnet damit, dass z.B. in den USA knapp die Hälfte aller Jobs langfristig wegfallen könnte – ohne Ersatz.

Die Stiftung „Neue Verantwortung“ hat mehrere mögliche Szenarien entworfen, kommt aber auch zu dem Schluss, dass zumindest ein Teil der Bevölkerung durch die Digitalisierung deutlich abgehängt werden wird.

Eine Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung rechnet zwar nur mit einem leichten Rückgang der Arbeitsplätze, geht jedoch zugleich von einem massiven Wandel der Arbeitswelt aus, was unter anderem heißt, dass Berufs-Bereiche wie „Bildung“ stark zulegen werden, während andere Branchen sehr stark verlieren werden.

Es scheint also nach all jenen belastbaren Studien so, als ob sich die Gesellschaft langfristig auf eine starke Massenarbeitslosigkeit einstellen muss.

Und die Berufsbilder, die Beschäftigung versprechen, sind oft so herausfordernd und / oder an einen so hohen Bildungsgrad gekoppelt, dass diese von sehr vielen Menschen gar nicht erst erfüllt werden können.

Bleiben noch die Jobs in der Art „modernen Sklaverei“, wie man sie bereits heute zum Teil beobachten kann: War ein vergleichsweise gering Qualifizierter in vergangenen Zeiten vielleicht noch ein selbstbewusster, gewerkschaftlich organisierter, angemessen bezahlter Arbeiter in einem Automobilwerk, so ist er heute vielleicht bloß noch ein unterbezahlter „moderner Sklave“ in einem Logistikbetrieb. Früher wie heute ein Vollzeitjob, und doch kaum miteinander vergleichbar.

An dieser Stelle mag man als einfacher Bürger vielleicht noch auf die Vernunft der Wirtschaftsbosse hoffen, die für ihre Produkte ja letztlich auch Käufer brauchen und allein schon deshalb ein Interesse daran haben sollten, ihren Wohlstand mit der breiten Masse zu teilen.

Doch kann man wirklich darauf hoffen? Fakt ist, dass bereits jetzt die Schere zwischen Arm und Reich sowohl weltweit als inzwischen auch ganz massiv in Deutschland immer mehr auseinander klafft.

Und auch ein Blick in die Geschichte macht hier wenig Hoffnung, sondern lehrt etwas anderes: Schließlich wurde die Ausbeutung in der Zeit der Industrialisierung nicht etwa dadurch beendet, dass die große Masse der Industriebarone sich entschieden hätte, auf einmal sozial zu werden und ihren Wohlstand gerechter mit anderen zu teilen, sondern die Arbeiter erstritten sich ihre Rechte nur durch harten, ausdauernden Arbeitskampf, durch Bildung von Gewerkschaften und letztlich durch die erreichte, gezielte soziale Gesetzgebung des Staates. Nur so konnten damals die großen, starken, super-reichen Unternehmer gesellschaftlich in Ketten gelegt und zu sozialem, gerechteren Handeln zu Gunsten des einfachen, arbeitenden, „kleinen Mannes“ verpflichtet werden.

Und außerdem: wie viele kaufkräftige Konsumenten kann ein Unternehmer denn schon gewinnen, wenn nur er allein seine eigenen Unternehmens-Mitarbeiter fair entlohnt? Da macht es für jedes Unternehmen doch gleich mehr Sinn, den Absatzmarkt möglichst global in der weltweit wachsenden Bevölkerung zu suchen; dabei auch gezielter in einer sich zumindest teilweise entwickelnden Dritten Welt, sowie zudem und letztlich eben in einer dünnen, aber doch immer reicher werdenden, sehr kaufkräftigen Oberschicht.

Entsprechend werden auch jetzt wieder, man mag schon sagen endlich, Stimmen laut, der Staat müsse hier handeln und die Existenz seiner Bürger sichern. Dabei wird derzeit immer wieder die Idee eines „bedingungslosen Grundeinkommens“ für alle Bürger genannt. Dieses bedeutet, jeder Bürger bekäme vom Staat beispielsweise 1.000 € monatlich, völlig bedingungslos, das heißt egal ob er daneben noch arbeitet und sich etwas hinzu verdient oder nicht.

Diese Idee ist grundsätzlich natürlich gut. Aber das große Problem ist die Finanzierung. Denn letztlich muss das Geld für dieses „Grundeinkommen für jedermann“ gerade von DEN Kräften aufgebracht werden, die die gesellschaftliche Wertschöpfung vornehmen; also von genau denen, die Tag für Tag das große Geld einfahren. Denn nur diese sind dazu in der Lage, das alles für den Rest der Bevölkerung zu finanzieren. Und das sind nun einmal die Unternehmen – auch wenn diese Wertschöpfung von den Unternehmen künftig weitgehend ohne Menschen, also (wegen zunehmender Automatisierung und Digitalisierung) immer mehr ohne teure Arbeitskräfte erfolgen kann. Und warum sollten Unternehmen nun einfach so dazu bereit sein, diesen riesigen Betrag für die Gesellschaft und deren „Grundeinkommen“ zu schultern, ohne dafür eine unmittelbare Gegenleistung zu bekommen? Wäre es da für jedes Unternehmen, das hier in die Pflicht genommen werden soll, nicht die viel einfachere Option, schlichtweg den Standort in ein Land zu verlagern, das nicht versucht einen solchen „Money For Nothing – Wohlfahrtsstaat“ zu erschaffen?

Und, darauf lässt sich wetten: solche für die Unternehmen dann „günstigeren“ Länder wird es auf der Erde immer zuhauf geben – wie es ja z.B. auch heute noch immer zahlreiche Billiglohnländer gibt, die das Prinzip „Sozialstaat“ nicht kennen, und die weitgehend Arbeitnehmerrechte mit Füßen treten, nur um große, reiche Firmen in ihr Land zu locken.

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Fassen wir bis hierhin zusammen:

Die Zukunft, die uns die Jünger der Digitalisierung verkaufen wollen, ist für den normalen, arbeitenden Bürger nicht rosarot, sondern eher rabenschwarz.

Dabei ist es schon jetzt sehr zynisch zu betrachten, wie sehr sich die Arbeitswelt in den letzten Jahrzehnten bereits gewandelt hat.

Zugegeben, in Deutschland sind die Auswirkungen noch weniger stark zu bemerken als in vielen anderen Ländern, aber auch bei uns sind schon deutliche Veränderungen spürbar.

Werfen wir hier zunächst einmal einen Blick zurück:

Die wohl wichtigste wirtschaftliche Entwicklung vor der jetzigen „Digitalisierung“ stellte die „Industrialisierung“ dar. Sie war zunächst ein Fluch für die Gesellschaft, da sie eine Verelendung der Massen und desaströse Arbeitsbedingungen zur Folge hatte. Dann wurde sie, jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht, ein Segen, da sie half, den Bevölkerungszuwachs wirtschaftlich aufzufangen, und da sie Wohlstand für einen großen Teil der Bevölkerung brachte. Auf dem Höhepunkt des Industriestaats, d. h. in Deutschland in den 60er, 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts, herrschten geradezu paradiesische Bedingungen. Im Westen Deutschland war ein alleinverdienender Arbeiter häufig nicht nur dazu in der Lage war, eine ganze Familie zu ernähren, sondern daneben auch noch, ein Haus zu bauen, das dem damals aktuellen technischen Standard entsprach. Von so etwas können heutzutage selbst Akademiker allermeist nur träumen.

Globalisierung und Digitalisierung haben Unternehmen nun die Möglichkeit eröffnet, aus dem nationalen Korsett auszubrechen, das ihnen in den demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Staaten übergestülpt wurde, und das sie zu solidarischem Handeln verpflichtete. Produktionsstandorte wurden ins weniger restriktive Ausland verlagert oder Nationen, die sich dem Wettbewerb neu öffneten, zogen eigene Fertigungszweige hoch. Um wettbewerbsfähig bleiben zu können, mussten die Staaten wieder nachziehen und zum Beispiel Steuern für Unternehmen und deren Erben senken oder über Kartellbildungen immer wieder hinweg sehen. Hinzu kamen die technischen Neuerungen, sowohl im digitalen als auch im nicht-digitalen Bereich. Zahlreiche Tätigkeiten wurden und werden mehr und mehr durch – zunehmend intelligente – Maschinen und Computer ersetzt. Zunächst waren dies vor allem simple handwerkliche Tätigkeiten, aber das Level der substituierbaren Jobs steigt, wie eingangs dargestellt, stetig. Die Folgen davon sind in vielen Ländern eine horrend hohe Arbeitslosigkeit, gerade unter Jugendlichen, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, die für den einzelnen Erwerbstätigen kaum genug abwerfen um einfach nur noch über die Runden kommen zu können, und außerdem stetig steigende Anforderungen an die Arbeitnehmer.

Schon seltsam: das alte Ägypten als eine der ersten Hochkulturen hatte eine jahrhundertelange wirtschaftliche Stabilität vorzuweisen, die es schaffte, die Existenz und den Wohlstand seiner Bürger – im Rahmen des damaligen technischen Niveaus – zu sichern. Und heute, Jahrtausende voller Entdeckungen später und trotz aller ach so tollen Erfindungen wird das Arbeitsleben nicht leichter, sondern für den kleinen Arbeitnehmer immer nur schwerer. So sieht sich der Arbeitnehmer von heute mit Formeln wie „lebenslanges Lernen“ konfrontiert, wird zu „maximaler Flexibilität“ aufgefordert und auch dazu, seine „Komfortzone“ zu verlassen. Und wenn er das nicht tun will oder kann – Pech gehabt! Dann hat man eben kein Anrecht auf den Kuchen und muss sehen, wo man bleibt.

Noch ein Sprung in die Geschichte: Könnte man einem Menschen, der im Mittelalter lebte und der in seinem ganzen Leben bestenfalls ein einziges Paar Schuhe besessen hat, darüber berichten, was durch die Industrialisierung für eine Produktivität möglich wurde, würde dieser Mensch wahrscheinlich weinen vor Glück. Und er würde nach seiner Sicht der Dinge weiter denken: „Das ist ja großartig, denn dann können wir ja innerhalb kürzester Zeit alles produzieren, was wir Menschen alle zum Leben brauchen, und dann sind wir alle frei!“

Es sollte schon zum Nachdenken anregen, wenn technische Entwicklungen genau das Gegenteil von dem tun, was sie eigentlich sollen: das Leben der Menschen leichter und freier zu machen. Denn der Mensch sollte das zentrale Subjekt sein, in dem es in Technik, Politik und Wirtschaft geht. Der Mensch ist der Zweck und nicht das Mittel.

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Gerade die Digitalisierung, die von ihren Pionieren so dargestellt wird, als könne sie sämtliche Probleme der Menschheit lösen, bleibt bisher echte Antworten schuldig. Die Digitalisierung hat weder Krebs noch Aids besiegt. Sie hat es nicht geschafft eine saubere, unerschöpfliche Energiequelle zu erschließen. Sie hat nicht die Überbevölkerung gestoppt und sie hat auch keinen Wohlstand für alle ermöglicht. Stattdessen hat sie bisher bloß viele reiche Leute und Konzerne noch viel reicher gemacht.

Fakt ist: die Digitalisierung hat bislang nicht ein einziges großes Menschheitsproblem gelöst, dafür aber eine Menge neue geschaffen.

Die Entwicklung geht global betrachtet leider in jene Richtung, dass die Menschen mehr und mehr in einen immer stärkeren Arbeitszwang gedrängt werden:

  • Studiendarlehen ersetzen in einigen Ländern zunehmend die kostenlose Bildung
  • Verbraucherkredite wurden zum Ersatz für Lohnerhöhungen, vor allem in den USA
  • öffentliche Gesundheitssysteme werden durch private Versicherungen ersetzt (so auch z.B. in Deutschland, durch die Deckelung des Arbeitgeberbetrags zur gesetzlichen Krankenversicherung).
  • Wohneigentum lässt sich faktisch nur noch durch lebenslange Kredite erwerben – falls überhaupt: so leben 47% aller Deutschen zur Miete, was einen Rekord in der EU darstellt.
  • Während die Unternehmensgewinne immer weiter wachsen und die Vermögen der Superreichen immer größer werden, werden die Mitarbeiter dieser Unternehmen nicht im gleichen Verhältnis am Erfolg beteiligt.
  • Konsum-Produkte werden z. T. von vornherein so gebaut, dass sie bereits nach wenigen Jahren kaputt gehen – obwohl die Technik doch immer besser wird?!
  • Auch die Produkt-Lebenszyklen werden durch die fortschreitende Innovation immer kürzer.
  • Die Zinsen gehen gegen Null. Sparen lohnt sich nicht mehr, da die Zinsen nicht einmal die Inflationsrate ausgleichen.
  • Immer mehr Banker und Volkswirte fordern, das Bargeld ganz abzuschaffen. Zwar mag es stimmen, dass mit dem Verbot großer Bargeld-Transaktionen Geldwäsche eingedämmt werden kann, doch finden gerade kriminelle Organisationen mit ihren Netzwerken und ihrem Know-How immer noch andere Wege. Demgegenüber ist die wahre Absicht hinter dieser Maßnahme die heiß ersehnte Einführung von Negativ-Zinsen. Denn wenn es kein Bargeld mehr gibt, kann sich solchen negativen Zinsen für Sparer (das heißt: stetig schmelzende Sparkonten) niemand mehr entziehen, und auf diese Weise kann jeder Bürger Stück für Stück legal enteignet werden. Diese Einsicht ist nicht etwa eine dubiose Verschwörungs­theorie, sondern wurde in der Zeitschrift „Focus Money“ eingängig erklärt.
  • Der Konsumdruck, der durch die Medien – vor allem durch die sogenannten sozialen Medien – generiert wird, wird immer größer. Denn gerade globale, weit verbreitete Plattformen wie Facebook liefern nicht nur persönlich zugeschnittene Werbung, sondern auch eine digitale Bühne zur Selbstdarstellung, in der vor allem diejenigen „geliked“ werden, die viel besitzen oder viel erleben. Facebook fördert damit eine Kultur des Neids.
  • „Echter“ Besitz wird immer mehr vermieden: Sharen statt kaufen. Miete statt Wohneigentum. Streamingdienst statt Hardcopy. Dieser Lebensstil wird als hip, bescheiden und sozialverträglich verkauft, fördert aber tatsächlich nur die Abhängigkeit des Verbrauchers vom jeweiligen dahinterstehenden Eigentümer. Denn ohne „echten“ eigenen Besitz bzw. Eigentum wird ein permanentes Bedürfnis der Bürger zum Geldverdienen erzeugt, damit man sich den Genuss der Güter vom eigentlichen Eigentümer immer weiter leisten kann. Und dieser wird dabei immer reicher.

Diese Entwicklung insgesamt steht unter dem Motto: Wir kaufen uns Dinge, die wir nicht brauchen, mit Geld, das wir nicht haben, um Menschen zu beeindrucken, die wir nicht mögen.

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Die Situation ist paradox.

Obwohl die Produktivität immer mehr steigt und wir dadurch immer unabhängiger und freier werden sollten, ist genau das Gegenteil der Fall.

Die Ursachen dieser Entwicklung sind vielschichtig. Es gibt keine einfache Erklärung dafür. So manche Verschwörungstheorien werden gar hierzu bemüht, von denen wir uns hier ausdrücklich distanzieren möchten.
Dennoch scheint diese Tendenz einigen Kreisen zumindest nicht ungelegen zu kommt. Der Zwang für den einfachen Bürger, Geld verdienen zu müssen, wird immer größer, während die Möglichkeiten dazu langfristig immer geringer werden.

Genau auf diese Weise entstehen Abhängigkeiten.

Abhängigkeiten verschaffen Macht; Macht über jene Personen, die abhängig sind.

Und Macht ist das, wonach sich nicht wenige Führungspersönlichkeiten – egal aus welchem Bereich sie kommen mögen – nun einmal sehnen.

Um dies nochmals zu verdeutlichen:
Die Digitalisierung ist die Speerspitze dieser Entwicklung. Zum einen, weil sie die Jobs nimmt; zum anderen, weil sie den Konsumdruck erhöht und die Welt des einfachen Bürgers aus dem angeblich für ihn vorteilhaften Grund der Bequemlichkeit Stück für Stück zu seinem Nachteil verändert – z. B. auch die Abschaffung des Bargelds fördert, was letztlich dazu beiträgt, eine überhaupt noch mögliche, echte wirtschaftliche Unabhängigkeit konsequent zu verhindern.

Dazu gesellt sich noch eine weitere, bisher von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommene Form der Ausbeutung, die untrennbar mit der Digitalisierung und dem Aufstieg von Online-Riesen wie z. B. Google verbunden ist: das massenhafte Abschöpfen von Daten.

Daten werden immer mehr das, was einmal Kohle und Stahl waren und was das Öl noch heute ist: der Schlüsselrohstoff des 21. Jahrhunderts. Daten liefern die Basis für immer besser zugeschnittene Produkte, für immer gezieltere Werbung. Aus ständig gesammelten Daten lässt sich erkennen, wie der Konsument „zu knacken“ ist. Das massenhafte Sammeln und Auswerten, „Big Data“, geht weit darüber hinaus, den Konsumenten einfach nur zu verstehen; es ermöglicht mehr und mehr, den Konsumenten dahinter aktiv und ganz gezielt zu lenken.

Doch „Big Data“ ermöglicht noch mehr als nur das. Es gibt den Unternehmen auch die Möglichkeit herauszufinden, wen man mit Ihnen eigentlich vor sich hat.

  • Vielleicht haben Sie gesundheitliche Probleme, sodass eine Krankenkasse Sie künftig nicht mehr bei sich versichert.
  • Oder Sie bekommen demnächst eine Job-Zusage deshalb nicht, weil ihr potentieller künftiger Arbeitgeber herausgefunden hat, dass Sie in Ihrem Bekanntenkreis einige Fußballultras haben. Sie selbst mögen vielleicht gar keinen Fußball, aber der Check Ihres Lebensumfelds ging hier nun einmal zu Ihren Lasten aus, und der Arbeitgeber will hier lieber kein Risiko eingehen.

„Big Data“ erfüllt den Traum der Kontrollfreaks jeder Couleur. Wie es der Stasi-Chef Erich Mielke einmal auf den Punkt gebracht hat: „Wir müssen alles wissen.“

Basis hierfür ist das Vorhandensein von Daten. Unsere Daten. Unsere Kontakte, unsere Suchanfragen die wir den Suchmaschinen verraten, unsere Hobbys und Vorlieben, die wir in sozialen Netzwerken teilen. Oder möchten Sie behaupten, Sie wüssten ganz genau, was mit diesen Daten so alles passiert?

Es sind diese Daten, die Konzerne wie Google reich machen. Sogar märchenhaft reich, denn der Google-Mutterkonzern Alphabet gilt mittlerweile als das wertvollste expandierende Unternehmen der Welt. Dieser Reichtum jener Online-Giganten sollte jedem von uns vor Augen führen, dass die persönlichen Daten bares Geld wert sind. Und diese so wertvollen Daten werden von uns praktisch verschenkt. Für Google grenzt die Gegenleistung einer kostenfreien Suchmaschine dabei schon fast an ein Almosen.

Die massenhafte Abschöpfung und der unkontrollierte Weiterverkauf von Daten ist nicht nur moralisch und in Bezug auf unsere Grundrechte fragwürdig, er ist vor allem auch wirtschaftlich betrachtet eine echte Abzocke.

So schließt sich der Kreis: Es liegen deutliche Parallelen vor zu der Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Auch in dieser Ära wurden die Menschen ausgebeutet, nur war es in diesem Fall ihre Arbeitskraft, die unverhältnismäßig schlecht entlohnt wurde. Heute ist es die Preisgabe von Daten, die uns trickreich an so vielen Stellen entlockt werden, und die viel zu schlecht vergütet werden.

Die Digitalisierung im Ganzen trägt einen großen Teil dazu bei, die Wirtschaftswelt und das Arbeitsleben, wie wir es kennen vollkommen umzugestalten.

Dies geschieht, wenn man sich bereits die aktuelle Situation anschaut, bloß zum Wohle einiger und zum Nachteil ganz vieler, einfacher Bürger.

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Falls Sie etwas tun möchten:

  • Hinterfragen Sie grundsätzlich Ihren Konsum: Brauchen und wollen Sie die Dinge wirklich, die Sie sich gerade anschaffen wollen? Oder könnten Sie auch noch darauf verzichten?
  • Vermeiden Sie Kredite, wo Sie nur können. Auf diese sollte man zur eigenen Sicherheit nur bei Großinvestitionen (z.B. Auto oder Wohneigentum) zurückgreifen.
  • Informieren Sie sich vor größeren Anschaffungen gründlich über das Produkt und wählen Sie ein möglichst langlebiges Exemplar.
  • Wenn es für Sie im Rahmen des Möglichen liegt, erwerben Sie Wohneigentum und streben Sie generell bei allen Dingen, die Ihnen wichtig sind, tatsächliches Eigentum an (anstelle von bloßem „Sharing“, „Leasing“, Miete, u.ä.)
  • Zahlen Sie auch weiterhin mit Bargeld, zumindest gelegentlich, und immer wieder; vor allem, wenn es sich um kleinere Beträge handelt. Damit zeigen Sie immer wieder, dass Sie das Bargeld noch wertschätzen.
  • Vermeiden Sie, sich von der medialen Werbung beeinflussen zu lassen, wo es nur geht. Schalten Sie so oft wie möglich ab, schalten Sie um, oder schauen und hören Sie weg, wenn Sie mit Werbung beschallt werden, gleich ob im TV oder im Internet auf sozialen Kanälen.
  • Erweitern Sie Ihr berufliches Portfolio und Leistungsspektrum auf zukunftssichere Bereiche.
  • Werden Sie Daten-sparsam! Geben Sie Ihre Daten nur in Ausnahmefällen Preis und versuchen Sie, woimmer möglich, Geld dafür zu verlangen. Fordern Sie Gegenleistungen für Ihre Daten, immer mehr und immer frecher. (Die Tipps auf unserer Webseite können Ihnen dabei helfen: => GELD FÜR MEINE DATEN )
  • Machen Sie den Mund auf: weisen Sie auf Missstände hin, verfolgen Sie die digitale Entwicklung in den Medien, beziehen Sie Stellung, seien Sie aktiv!

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Hintergrundinfos zu diesem Thema:

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-132040357.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Industrie_4.0

https://www.bibb.de/de/26729.php

http://www.faz.net/aktuell/beruf-chance/arbeitswelt/neue-technologien-digitalisierung-bedroht-massenhaft-arbeitsplaetze-13664186.html

https://www.welt.de/wirtschaft/karriere/article160311512/Auswirkungen-des-digitalen-Wandels-auf-die-Arbeitswelt.html

http://doku.iab.de/aktuell/2016/aktueller_bericht_1624.pdf

https://www.stiftung-nv.de/publikation/sechs-szenarien-f%C3%BCr-deutschlands-arbeitsmarkt

http://www.zeit.de/2013/02/Smart-Senior-Manzeschke-Pflege-Technik

http://www.dw.com/de/die-globale-schere-zwischen-reich-und-arm/a-15688312

http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/geraete-gehen-laut-umweltbundesamt-immer-schneller-kaputt-a-1020996.html

http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/produktlebenszyklen-immer-schneller-neuer/4041756.html

http://www.focus.de/finanzen/banken/von-wegen-drogenhandel-und-korruption-warum-das-bargeld-wirklich-abgeschafft-werden-soll_id_4716164.html

http://www.zeit.de/2013/02/Big-Data